Sergij Dibrow |
Kiew, 14. Januar 2016 – Experten und Journalisten von der Gruppe „2. Mai“ sehen seitens des Staates keine Perspektive bei der Untersuchung der Ereignisse vom 2. Mai 2014 in Odessa. Sie sprachen ihr Misstrauen gegenüber dem Untersuchungskomitee der Stadt Odessa aus, sowie gegenüber der Hauptverwaltung des ukrainischen Innenministeriums, der Generalstaatsanwaltschaft und dem Sicherheitsdienst.
„Diese Einschätzung rührt daher, dass innerhalb von 20 Monaten niemand für die Vorkommnisse bestraft wurde und weil bei den Rechtsschutzorganen kaum jemand dem Fall nachgeht“, berichtete Sergij Dibrow, Journalist und Mitglied der Gruppe „2. Mai“ während einer Pressekonferenz im Ukrainischen Crisis Media Center.
Um die Mythen zu den Ereignissen in Odessa vor zwei Jahren zu entkräften, veröffentlichten die Mitglieder der Gruppe den Abschlussbericht „2. Mai. Eine Tragödie, die sich nicht wiederholen darf“.
„Uns gelang es, eine interaktive Präsentation zu erstellen, in der man minutengenau die Ereignisse, sowie die Materialien, auf die sie sich stützt, nachvollziehen kann“, berichtete Wolodymyr Sarkisjan, Arzt und Toxikologe, unabhängiger Journalist und Experte bei der Gruppe „2. Mai“.
Wolodymyr Sarkisjan |
„Die Gruppe „2. Mai“ ermittelte selbständig gegen die russische Propaganda über dieses Thema“, sagte der Experte für Gerichtsmedizin. „Die Ereignisse vom 2. Mai waren der Hauptauslöser für die Ereignesse im Donbass. Es ist ein offensichtlicher Fakt, dass gerade bei der Anwerbung für die sogenannten Landwehr der 2. Mai als Hauptgrund genutzt wurde“, erklärte Wolodymyr Sarkisjan.
Nach Angaben von Sergij Dibrow wurde in den vergangenen 20 Monaten seitens der Rechtsschutzbehörden wenig getan, um aufzuklären, was warum damals geschah, ganz zu schweigen davon, Schuldige auszumachen und zu bestrafen. Obwohl eine vorübergehende Untersuchungskommission bei der Werchowna Rada in jener Zeit Ermittlungen durchführte, wurde dieser Bericht nicht vom Parlament genehmigt, weil die damalige Rada entlassen wurde. Die Untersuchungskommission des Gebietsrats wurde nach einem Monat Arbeit aufgelöst, sagte Sergij Dibrow. Und das Büro der Kommission für Menschenrechte zog ihre Schlüsse, die aber nicht von den Rechtsschutzbehörden gehört wurden.
„Die Untersuchung, die von der Miliz durchgeführt wurde, dauert an. Die Gruppe der Untersuchungsleiter wurde auf 2 Personen verringert. Wir betrachten dies als offene Sabotage. Die Expertise, die im April in Auftrag gegeben wurde, ist immer noch in Arbeit. Wir sehen, dass der Fall vor Gericht nicht standhält. Es gibt keine Aussicht auf Strafverfolgung jener, die sich in Haft befinden. Und in einigen Jahren werden wir die Schande des ukrainischen Rechtssystems sehen“, sagte Sergij Dibrow.
Er berichtete, dass die Mitglieder der Gruppe „2. Mai“ versuchten, mit den Rechtsschutzbehörden zusammenzuarbeiten und ihnen ihre Beweise, Fakten, Schlüsse und offizielle Dokumente gewährte. Allerdings erwies sich dies als einseitiger Versuch. Sowohl die Gruppe, als auch die parlamentarische Kommission erhielt nur ein formelles, nichtssagendes Antwortschreiben.
Sergij Dibrow teilte auch mit, dass der Bericht der internationalen Beratergruppe beim Europarat am 4. November veröffentlicht wurde. Darin wurden auch Menschenrechtsverstöße genannt, insbesondere bei der Durchführung der Untersuchung. Der Bericht enthält auch Empfehlungen. Allerdings gibt es bisher keine Reaktion der Rechtsschutzorgane, sagte Sergij Dibrow.
„Unsere Gruppe schlug auf Basis dieses Berichts vor, die Ermittlungen, die mit dem 2. Mai verbunden sind, einer Sonderuntersuchungsgruppe bei der Generalstaatsanwaltschaft zu übergeben. Diese Gruppe, die auch die Verbrechen während des Euromaidan untersucht, besteht aus fachkundigen und motivierten Ermittlern, die die Untersuchung unabhängig, vor allem unabhängig von der Miliz, durchführen können und damit objektiv sind“, meinte der Journalist.
Laut seinen Aussagen will allerdings bei der Generalstaatsanwaltschaft niemand, dass die Ermittlungen übergeben werden.
„Wenn entsprechende Klagen in Bezug auf die Ereignisse am 2. Mai in Odessa beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eingereicht werden, haben diese Klagen alle Chancen zu gewinnen und als Verstöße anerkannt zu werden“, ergänzte das Mitglied der Gruppe „2. Mai“.
Der Bericht und die interaktive Präsentation „2. Mai. Eine Tragödie, die sich nicht wiederholen darf“ ist auf folgender Website online verfügbar: http://2may.od.ua/en/